Dr. Max Manasse

(1880 - 1959)

Das Leben und Wirken des Arztes Dr. Max Manasse – Namensgeber einer Straße in Petershagen

Über Leben und Wirken von Dr. med. Max Manasse war noch vor wenigen Jahren lediglich be­kannt, dass er sich nach dem Ende des Ersten Weltkrieges von Freders­dorf kommend in Petershagen nieder­ge­las­sen und bei der Bevölkerung große Anerkennung als Arzt erworben ha­tte. So wurden oftmals Patien­ten, die in Not waren, unentgeltlich von ihm behan­delt.

Doch nach der Machtübernahme der Na­tio­nalsozia­li­sten kam es zu Ausgrenzung und Übergriffen bis hin zu Mord­­drohungen von Petershagener SA-Män­nern. Um sein Leben zu retten, emi­grierte Dr. Ma­nas­se in die USA. Nach dem Kriegsende schrieb er in einem Brief: „Von den Nazis verfolgt, erkannte ich rechtzeitig, dass die Nationalsozialisten in naher Zukunft mein Eigentum und meine ärztliche Approbation stehlen und mich ermorden würden. Deswegen beschloss ich, mein Haus zu verkaufen und auszuwandern, solange es mir möglich war.“

Als sich Pe­tershagener Bür­­ger nach dem Krieg mit ihm in West-Berlin trafen, dankten sie für sein Wir­ken und berichteten ihm, dass in Wür­digung seiner Verdienste der Ge­meinderat die Hin­den­burg­straße in Dr.-Ma­nasse-Stra­ße umbenennen ließ.

Doch Lebensdaten von Max Manasse waren weitgehend unbekannt. Die Situation änderte sich im Jahre 2003, als der seiner Dissertation vorangestellte Lebenslauf von Dr. Krahnke im „Doppeldorf 12/2003 un­ter dem Titel „Wer war Ma­nas­se? ver­öffentlicht wur­de. Ein Glücksfall ereignete sich ein Jahr­zehnt spä­ter, als es einem Petershagener Ehepaar gelang, Partner in den USA zu finden, die bereit waren, Nachforschungen zu Max Manasse und dessen Sohn Konrad in Übersee durch­zuführen. Und so steht heute fest­:

Max Manasse wurde am 6. Dezember 1880 in Lodz/ Polen geboren, besuchte das Gymnasium in seiner Heimatstadt, das er aber als Primaner verließ, um in die Fabrik seines Vaters in Breslau einzutreten. Bei einem Aufenthalt in London heiratete er 1902 die 1873 in Pennsylvania/USA geborene Annie Sterne. Am 17. Juni 1903 wurde Sohn Konrad in Berlin ge­bo­ren. (Wann die Ehe geschieden wurde, ist nicht bekannt.) Max Manasse gab seine Tätigkeit in der väterlichen Fabrik auf, da er „seinen Hang zum Studium der Medizin nicht überwinden konnte, erwarb 1905 extern am Kaiserin-Augusta-Gymnasium in Charlotten­burg das Abitur und begann ein Medizin-Studium an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin.

Dort leg­te er 1912 das Staats­examen ab und erhielt 1913 die Ap­probation als praktischer Arzt. Von Juni 1913 bis Dezember 1914 war er als As­sistenzarzt am Chirurgischen Ambulatorium der Nord­östlichen Eisen- und Stahl-Berufs­genossenschaft tätig. Während des Ersten Weltkrieges diente er als Bataillonsarzt am Lazarett in Inster­burg in Ostpreußen. „Nach dem Kriege ließ ich mich in Petershagen nieder. Hier muss ich in schwerer Arbeit um meine Existenz kämpfen. Sodass ich bisher nicht die Zeit finden konnte, zum Doktor zu promovieren.“ Die Gemein­devertretung in Petershagen beschloss im Juli 1919 Max Manasse (zu diesem Zeitpunkt noch wohnhaft in Fredersdorf, Platanenstra­ße 12) als Schularzt gegen eine jährliche Ent­schä­di­gung anzustellen. Es folgte 1923 der Hauskauf in Pe­tershagen, Lindenstraße 10 mit an­schließendem Um­zug hierher. Max Ma­­nasse promovierte 1929 zum The­­ma: Ein Fall von Spontanrup­tur einer gesunden Milz. (Damit endete der von ihm ge­schriebene Lebenslauf.)

Inzwischen bestand Sohn Konrad 1924 das Abitur am Berliner Humboldt-Gymnasium und begann ein Medi­zinstudium an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Ber­lin, das er im Februar 1932 mit dem Staatsexamen abschloss. Konrad Ma­nas­se reichte im März 1933 sei­ne am Städtischen Krankenhaus Berlin-Moa­bit verfasste Promotionsschrift ein, die er Ende Juli erfolgreich verteidigte. (Zu diesem Zeitpunkt waren die jüdischen Ärzte am Städtischen Krankenhaus Moabit längst entlassen.) Nach der Machtübernahme der Na­­tionalsozialisten erfolgte die ,Gleich­schal­tung‘ der ärzt­lichen Spitzenorganisationen. 1936 erlo­­schen alle Ver­­träge jüdischer Vertrauensärzte in den öffentlichen Krankenhäusern, und die Reichsärzteordnung legte fest, dass das Wohl der Patienten der ,Volksge­sund­­heits­pflege‘ nach den Prinzipien der ,rassischen‘ Selektion unter­ge­ordnet werden soll und die Erteilung der Appro­bation an den Nachweis der ,arischen Ras­se geknüpft werde. Da entschloss sich die Familie Ma­­nasse zu emigrieren. Konrad Manasse begab sich am 15. April 1936 zusammen mit seiner Freundin und späteren Ehefrau Martha Höfling (27, Hutmacherin) in Cherbourg, Frankreich, an Bord eines Schiffes in Rich­tung New York/USA. Zum Besuch seiner Mutter.  

Max Manasse (laut Passagierliste: 55, Arzt und Buchverkäufer[?]; Rasse: Jude; Augenfarbe: grau; Körpergröße: 5‘3“ [=1,60 m]) folgte seinem Sohn und ging am 25. November 1936 an Bord des Royal Mail Ship Queen Mary in Sout­h­ampton, England, mit dem Ziel: Besuch des Sohnes in USA. Er kehrte nach kurzem Aufenthalt im Dezember zurück nach Deutschland, um am 28. August 1937 mit seiner jüdischen Ehefrau Margarete, geb. Wolff (50, Hausfrau) mit dem Schiff von Liverpool, England, in die USA zu emigrieren. Beide Ehepaare wurden in den USA eingebürgert. Max und Konrad Ma­nasse wa­ren als Ärzte in New York außerordentlich erfolgreich. Nach dem En­de des Krieges kamen Max Manas­se und seine Ehe­frau seit 1951 regelmäßig nach Europa und besuchten dabei Deutschland (West-Berlin). Bei einem dieser Aufenthalte verstarb Margarete Manas­se am 5. November 1957 im Neuköllner Kran­kenhaus in Berlin-Buckow. Im gleichen Krankenhaus verstarb Max Ma­nas­se am 19. September 1959. Das Ehepaar wurde begraben auf dem Neuen Luisenstädtischen Friedhof in der Her­mann­stra­ße 186-190 in Berlin-Neu­kölln. (Die gemeinsame Grab­stelle ist abgelaufen.)

Auch das Ehepaar Konrad und Eva Martha Manasse hielt sich mehrmals in West-Berlin auf. Konrad Ma­nas­se starb im März 1969 in New York.                   

Günter Knobloch

Siehe auch Knobloch, Günter: In Memoriam Dr. Max Manasse. Eine Dokumentation, 2015. In der Gemeindebibliothek im OT Petershagen ausleihbar.